Die Nomaden Westtibets

Autor/en: Melvyn C. Goldstein, Cynthia M. Beall
Verlag: Verlag Das Andere
Erschienen: Nürnberg 1991
Ausgabe: Hardcover
Kommentar: Michael Buddeberg, April 1996

Besprechung:
In der letzten Literaturübersicht wurde über eine interessante Studie amerikanischer Anthropologen über die mongolischen Nomaden berichtet – und, daß auch dort nichts über mongolische Teppiche zu erfahren ist. Von denselben Autoren im selben Verlag gibt es ein packendes Buch vom Überlebenskampf der tibetischen Hirtennomaden in Westtibet. Überleben in einer menschenfeindlichen Natur und Überleben in der chinesischen Kulturrevolution, die tiefgreifende Veränderungen dieser uralten Nomadenkultur versucht hat. Auch in diesem Buch ist nichts über den tibetischen Teppich zu lesen wohl aber zu sehen: Pferde waren schon immer und sind noch heute der wertvollste Besitz der Nomaden, ein Statussymbol, und es gibt einen regelrechten Wettbewerb unter den Pferdebesitzern, die schönsten Sättel, Steigbügel und Satteldecken zu besitzen. So zeigen die zahlreichen Bilder von Pferden prächtige geknüpfte Sattelteppiche. Bemerkenswert daran ist, daß sie die traditionellen Muster aufweisen. Trotz der chinesischen Okkupation seit 1950 und den harten Bedingungen – bis zur Lockerung der Bedingungen Anfang der achtziger Jahre war das Tragen von Tracht, die Ausübung der Religion und auch das Knüpfen von Teppichen verboten – hat sich in diesem Land eine Knüpftradition bis heute erhalten. Doch zurück zum Buch: Neben wunderschönen Bildern von diesen schönen Menschen und der eindrucksvollen Landschaft fesselt vor allem die Schilderung des nomadischen Lebens: Diese Hirten sind nicht Nomaden, wie wir sie aus der Türkei oder aus Persien kennen, die im Winter tiefergelegene Weiden mit ihren Herden aufsuchen. Für tibetische Nomaden gibt es im Winter kein Heruntergehen. Der Lebensraum dieser Menschen liegt zwischen 4.700 und 5.200 Metern. Die Wachstumsperiode dauert 3 1/2 Monate. 8 1/2 Monate finden die Ziegen, Schafe und Yaks nur das, was noch nicht abgeweidet wurde. Jede Familie, die einen sehr großen Lebensraum benötigt, bedarf daher einer komplizierten Einteilung der Weiden nach Zeit, Qualität und Ort; nur ein regelrechtes Weidemanagement sichert das Überleben. Und wenn in diesem niederschlagsarmen Land ausnahmsweise viel Schnee fällt – wie im Winter 1996 geschehen – müssen tausende von Tieren verhungern. Ein ungemein interessantes Buch über ein faszinierendes Volk.