On the Path to Void – Buddhist Art of the Tibetan Realm

Autor/en: Pratapaditya Pal
Verlag: Marg Publications
Erschienen: Mumbai/Surat 1997
Seiten: 284
Ausgabe: Leinen im Schuber
Preis: US-$ 95.–
ISBN: 81-85026-33-5
Kommentar: Michael Buddeberg, Februar 1998

Besprechung:
„Auf dem Weg zur Erleuchtung – Buddhistische Kunst aus Tibet“ ist eine überaus wichtige weil bisher in dieser Form und Umfang noch nicht vorhandene Veröffentlichung über tibetische Kunst und Architektur. Während die Geschichte und Kultur dieses Landes auf dem Dach der Welt durch die ältere Reiseliteratur aber auch durch Beiträge von Historikern und Tibetologen für den interessierten Leser mehr oder weniger leicht zugänglich ist, gab es bei Kunst und Architektur bisher ein erhebliches Defizit. Das erscheint erstaunlich, ist aber leicht zu erklären. Kunst und Architektur sind ohne Bildmaterial nicht darzustellen und dieses war bis zur Öffnung Tibets in der entsprechenden Qualität, Menge und Authentizität einfach nicht vorhanden – von den geringen Beständen tibetischer Kunst in Museen und Privatsammlungen einmal abgesehen. Aus westlicher Sicht war Tibet seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein verschlossenes Land. Die Gründe dafür waren mehr politischer als religiöser Natur. Tibet wollte sich aus der globalen Machtpolitik und deren Auswirkungen in Zentralasien konsequent heraushalten. Aber auch vorher, als Besucher in Tibet noch willkommen waren, ermutigten die äußeren, vor allem die klimatischen Umstände auf dem Dach der Welt nur Wenige zu einem Besuch. Die „Befreiung“ Tibets durch China seit 1950 und deren militärische Durchsetzung im Jahre 1959 hat an der Abgeschlossenheit dieses Landes nichts geändert. Erst durch die allmähliche Öffnung Tibets durch China für den Tourismus seit 1985 wurde ein Zugang zu tibetischer Kunst und Architektur geschaffen. Diese Entdeckung hat mit der Feststellung zu beginnen, daß der Umfang der Zerstörung tibetischer Kunst und Architektur in der Zeit seit 1950, vor allem während der Kulturrevolution, unermeßlich ist. Weit über 90% des Bestands an tibetischer Kunst – Architektur, Malerei, Bildhauerei – sind unwiederbringlich verloren. Dennoch ist das in den letzten Jahren in Tibet entdeckte Material immer noch von einem Umfang und von einer Vielfalt, daß nicht nur die Kunst und Architektur Tibets zuverlässig dargestellt werden können sondern daß darüber hinaus sogar die Geschichte buddhistischer Kunst in Asien neu geschrieben werden muß. Pratapaditya Pal, einer der namhaftesten Tibetologen unserer Zeit läßt in dem von ihm herausgegebenen Buch über tibetische Kunst die bedeutendsten Autoritäten über Architektur, Malerei und Skulptur zu Wort kommen. Den geographischen Rahmen gibt dabei nicht das Kunstgebilde „autonome Region Tibet“ sondern der tatsächliche ethnische Raum, der etwa die doppelte Fläche aufweist und Ladakh, Bhutan und Sikkim, aber auch Teile der chinesischen Provinzen Quinhai, Sichuan und Yünnan mit umfaßt. Die typische Architektur (Beiträge von Richardson, Denwood, Pritzker, Goepper) wird eingehend behandelt ebenso wie die tibetische Skulptur (Henss, Lo Bue, Bills, Reedy) und vor allem die einzigartige Thanka- und Wandmalerei (Singer, Henss, Goepper, Reynolds). Ergebnis all dieser Untersuchungen ist vor allem die Erkenntnis, daß die tibetische Kunst stets offen war für Einflüsse von außen, Einflüsse aus Indien, Nepal, China und Zentralasien, daß sie aber niemals blind imitierte sondern diese Einflüße adaptierte, integrierte und zu einer eigenständigen tibetischen Kunst transformierte, ein Vorgang, für den Pal den Begriff „transcreation“ gewählt hat. „Auf dem Weg zur Erleuchtung“ ist ein für den Liebhaber und Sammler tibetischer Kunst unverzichtbares Buch, bei dem nur die Papierqualität, ein relativ leichtes Hochglanzpapier, den europäischen Standard nicht ganz erreicht.