The Cultural Monuments of Tibets Outer Provinces – AMDO – Vol.2 – The Gansu and Sichuan Parts of Amdo

Autor/en: Andreas Gruschke
Verlag: White Lotus Press
Erschienen: Bangkok 2001
Seiten: 264
Ausgabe: Softcover
Preis: US-$ 37.50
ISBN: 974-7534-90-8
Kommentar: Michael Buddeberg, Dezember 2001

Besprechung:
Band zwei folgte nach wenigen Monaten. Der Wunsch des Rezensenten nach besserem Kartenmaterial (siehe oben) konnte daher keine Berücksichtigung finden. Das ist dann aber schon die einzige Kritik, denn auch Band zwei verdient für die Fülle an Information und für die kompetente Art und Weise wie dieses Material in Wort und Bild präsentiert wird, uneingeschränkte Bewunderung. Deutlicher noch als in Band I werden von Andreas Gruschke die ethnischen, historischen und kulturellen Verschiedenheiten Amdos gegenüber Zentraltibet dargestellt. Gewiß, Amdo ist Tibet, aber die Nähe zu China hat dieses Land, seine Menschen, seine Kultur und vor allem seine Architektur ebenso geprägt, wie das weit entfernte Lhasa. Der Grenzlage Amdos, der nicht immer nur friedlichen Begegnung mit den Nachbarn und der Ausseinandersetzung mit fremden Ideen und Glaubensvorstellungen mag es zu verdanken sein, daß der tibetische Buddhismus in Amdo tiefer verwurzelt erscheint als in Zentral- oder Westtibet. Es ist erstaunlich, zu lesen und zu sehen, welche bedeutenden buddhistischen Zentren sich im Nordosten Tibets seit Beginn der 80er Jahre gebildet haben und mit welchem Selbstbewußtsein und mit welch eigenständiger, spiritueller, künstlerischer und architektonischer Vitalität sie sich präsentieren. Der gewaltige Klosterkomplex von Labrang, dem ein ganzes Kapitel gewidmet ist, ist vielleicht der bekannteste Platz in Amdo. Rund 2000 Gelugpa Mönche leben heute wieder in dieser zwischen grünen Hügeln eingebetteten Klosterstadt, die das ganze Jahr von einem nie versiegenden Strom von Pilgern besucht wird. Doch wer wußte bis jetzt etwas von Serta, der größten buddhistischen Akademie der Welt, wo heute mehr als 5000 Mönche und Nonnen die Lehren des Tantra und des Dzogchen, den „Pfad zur großen Vollendung“ studieren? Wer wußte bisher, daß der berühmte Milarepa Tower bei Serkhar Gutok im Süden Tibets nicht der einzige Tempelturm Tibets ist, sondern daß in Siri Kar im Distrikt von Dzamtzhang eine ganze Anzahl dieser Turmtempel inmitten einer dramatischen Landschaft zu finden sind? Begehbare Chörten, ähnlich dem ehrwürdigen Kumbum von Gyantse, erleben im Amdo geradezu eine Renaissance. Der Dündül Chörten unweit der Akademie von Serta mit einer Höhe von 50 Metern oder der Tashi Gomang Tschörten im Tsangwa Kloster in Dzamthang sind eindrucksvolle Beispiele dieser wiedererstandenen buddhistischen Architektur, die den Weg zur Erleuchtung symbolisiert. Die Eigenständigkeit und Besonderheit buddhistischer Kultur in Amdo zeigt sich schließlich auch im Umgang mit Gebetsfahnen. Vor allem im weiten Grasland der Ngoloks, des einstmals so berüchtigten räuberischen Stammes, werden aus Gebetsfahnen ganze Gebäude errichtet. Kommt man von weitem, glaubt man sich einem hohen Turm, einem Chörten oder einer Pyramide zu nähern, die sich dann beim Näherkommen als luftige, grazile Skulpturen aus bedruckten Textilien erweisen. Was im Westen als kreatives Werk der „land art“ bewundert werden würde, markiert in Amdo in der Regel einen besonders heiligen Platz, den Ort der Himmelsbestattung. Die beiden glänzend geschriebenen und reichhaltig illustrierten Bände über die kulturellen Denkmäler von Amdo rücken eine bisher unterschätzte und weitgehend unbekannte Region Tibets ins rechte Licht. (- mb -)