Tibetan Artifacts

Autor/en: Mircea Veleanu
Verlag: Schiffer Publishing Ltd.
Erschienen: Atglen PA (USA) 2009
Seiten: 256
Ausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: 49.95 englische Pfund
ISBN: 978-0-7643-3360-6
Kommentar: Michael Buddeberg, Mai 2010

Besprechung:
Hierzulande nur wenig bekannt sind die Sammlerhandbücher von Schiffer Publications aus Atglen Pennsylvania (USA). Fast könnte man sagen: Es gibt kaum ein Sammelgebiet auf dieser Welt, für das es nicht ein Buch von Schiffer gäbe. Ob Sie nun Paperweights sammeln oder Rolex-Uhren, amerikanische Flieger-Jacken, Silber von Jensen, Schmuck der Hopi-Indianer oder Teddys von Steiff, Korkenzieher oder Kelims, klassische Fotoapparate oder Steinzeug-Spaniels aus Staffordshire, Schokoladenwerbung, Zigarrenkisten, Öldosen oder Memorabilia von Lenin – allein der mehr als zweihundert Seiten umfassende Katalog mit ca. 2000 Titeln ist ein spannender und kurioser Spaziergang durch die Welt des Sammelns. Lassen Sie sich den Katalog unbedingt schicken!

Kurios ist auch der kürzlich erschienene Band über tibetische Artefakte. Der Klappentext verheißt zwar tibetische Kunst und Artefakte, doch liegt der Schwerpunkt ganz eindeutig auf den Kunstprodukten oder besser ganz und gar „künstlichen Produkten“. Auch aus dem einführenden Text des Autors (und Eigentümers der in dem Buch vorgestellten Sammlung) wird das deutlich. Nicht (nur) Hochwertiges, wie meistens in Museumskatalogen, soll hier vorgestellt werden, sondern was der Sammler auf den Märkten dieser Welt so finden kann. Dankenswerterweise werden diese Märkte gleich genannt, auf denen der Autor seine Artefakte gesammelt und wohl auch die Informationen über Tibet erworben hat: Es sind chinesische Kaufhäuser, staatlich chinesische „Friendship-Stores“ und die ungezählten Läden in Hong Kongs berühmter Hollywood Road und der an der Südspitze von Kowloon gelegenen Tsim Sha Tsui. Das meiste, so schreibt Herr Veleanu, sei erst kürzlich gemacht und wirkliche Antiquitäten seien ohnehin kaum und nur von fortgeschrittenen Sammlern zu finden, schon gar nicht in Tibet selbst, wo nur trinkets, also Flitterkram, Tand und neue Klangschalen angeboten würden. Warum der Autor dann aber die von ihm vorgestellten vier Dutzend Thangkas durchweg als mindestens einhundert Jahre, teilweise sogar noch sehr viel älter einstuft und eine Gruppe mit Yak-Leder bezogener und bemalter tibetischer Truhen, die allesamt aus einer Werkstatt herzukommen scheinen, in das achtzehnte Jahrhundert datiert, bleibt sein Geheimnis. Für eine kleine Anzahl tibetischer Metall-Skulpturen sehr zweifelhafter Qualität, für so genannte tsakli (kleine Andachtsbilder), für buddhistische Gerätschaften und tantrische Ritualobjekte, Schmuck und Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Schalen für Buttertee, Bierkannen, Nahrungsmittelbehälter, Börsen, Feuerzeuge, Messer und Musikinstrumente, ist das Fehlen von Altersabgaben dann bezeichnend aber korrekt. Der Schmuck, viele Ketten und Anhänger, hierzu rechnen auch malas, also Gebetsketten, ist zumeist unbenutzt und ungetragen und hat mit traditionellem tibetischen Schmuck nur wenig zu tun. Gleiches gilt für die tantrischen Ritualobjekte, die sich durch morbide Phantasie und durch den reichlichen Einsatz menschlicher Schädel und Knochen auszeichnen, die jedoch in der hier gezeigten Form und Ausführung im echten tantrischen Ritual ebenso wie in den zitierten Kunst- und Museumkatalogen, allen voran des Newark-Museums, nicht zu finden sind. Als Beispiele für viele seien hier ein über und über mit Schriftzeichen und Symbolen beschnitzter Totenkopf genannt oder ein mit primitiven Silberblech-Ornamenten verzierter Eselsschädel. Gebetsmühlen, Amulettbehälter, Siegel, Manuskriptblätter, Messer und Schwerter, Gürtel oder Silberobjekte unterschiedlicher Art vervollständigen den Reigen von insgesamt etwa 500 tibetischen Artefakten, allesamt, wie bei den Sammlerhandbüchern von Schiffer üblich, mit aktuellen Marktpreisen versehen. Zu diesen, dem Rezensenten sehr hoch erscheinenden Preisen bemerkt der Autor allerdings und durchaus korrekt, dass Tibetika im Gegensatz zu dem derzeitigen Trend bei chinesischen Antiquitäten, noch relativ preiswert sind. Hätte Herr Veleanu tibetische Artefakte nicht nur in Hong Kongs Antiquitäten- und Touristenmeile, der Hollywood Road, recherchiert und erworben, sondern auch an Ort und Stelle, beispielsweise am Barkhor in Lhasa oder dem Markt in Shigatse, so hätte er neben dem natürlich auch dort erhältlichen Tand eine ganze Anzahl schöner, preiswerter und sammelnswerter tibetischer Artefakte finden und seinem Buch einverleiben können: traditionelle Textilien (im Klappentext versprochen, jedoch leider Fehlanzeige), Teppiche, Zaumzeug und alles, was dem Schmuck von Pferden dient, gedrechselte Vorratsbehälter und vielerlei Gebrauchsgegenstände aus meisterhaft bearbeiteten Eisen. Ein Buch, das viele Wünsche offen lässt.