Tribal Rugs – Treasures of the Black Tent – 2.Auflage

Autor/en: Brian W. MacDonald
Verlag: Antique Collectors Club
Erschienen: Woodbridge Suffolk 2010
Seiten: 302
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 39.50 englische Pfund
ISBN: 978-1-85149-531-2
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 2010

Besprechung:
Wenn ein Teppichbuch in diesen Zeiten schwindenden Interesses für den Orientteppich eine zweite Auflage erlebt, dann muss wohl etwas dran sein an diesem Buch. Und in der Tat, schon die erste, 1997 erschienene Auflage war in Text und Illustration für den Liebhaber des Bauern- und Nomadenteppichs vornehmlich afghanischen und persischen Ursprungs eine gute Empfehlung, wie der hier abgedruckten, im Januar 1998 publizierten Besprechung entnommen werden kann. Die nun vorliegende zweite Auflage des seit langem vergriffenen Buches hat denselben Umfang, jedoch konnten die Bildbeispiele durch ein geändertes Layout deutlich größer ausfallen. Zudem wurden weniger aussagekräftige Stücke der ersten Auflage durch bessere Beispiele ersetzt. Vor allem aber gewann das Buch durch eine Umstellung der Kapitel und bietet dem Leser nun eine Rundreise durch die Welt des Stammesteppichs, beginnend in Zentralasien über Afghanistan, Persien und den Kaukasus, um in Anatolien zu enden. Das Kapitel über die letzten 20 Jahre des 20. Jahrhunderts, wurde neu und mit zeitlichem Abstand geschrieben und bestätigt den damals hoffnungsvollen Ausblick. Neue Projekte und neue Namen, die Familien Miri aus Teheran und Zollanvari aus Schiras haben mit neuen Ideen und neuem Design verloren gegangene Traditionen belebt:

Ausnahmsweise möchte ich bei der Besprechung dieses Buches bei seinen letzten Kapiteln anfangen denn hier findet sich eine Besonderheit. In keinem anderen Buch über den von Sammlern begehrten und geschätzten Bauern- und Nomadenteppich wird das 20. Jahrhundert und damit der Verlust einer Kunstform und eines Kulturgutes so ausführlich behandelt und mit abschreckenden Beispielen sogar noch illustriert. Das ist in einem Buch, das sich nicht nur an den Kenner, sondern ganz besonders an den Laien und Anfänger wendet, nicht nur nützlich, sondern beabsichtigt. Der Niedergang genuiner bäuerlicher und nomadischer Knüpfkunst im 20. Jahrhundert – das gilt natürlich auch für den städtischen und höfischen Manufakturteppich, wenn auch dort der Verfall noch früher einsetzte -, das Vergessen der Naturfarben und der dazu gehörenden Färbetechniken, das Ende des Tradierens alter Muster, der Verlust vom Wissen ihrer Bedeutung und die ständig schlechter werdende Wollqualität sind ein Endzeitszenario, dem McDonald dann aber einen hoffnungsvollen Ausblick folgen lässt. Er berichtet von den seit den achtziger Jahren begonnenen Projekten, das erste war das DOBAG-Projekt von Harald Böhmer, die mit Naturfarben und handgesponnener Wolle an die alten, verloren geglaubten Traditionen anknüpfen. Nicht nur in Anatolien, auch im Iran beginnt eine Rückbesinnung, ein Umdenken und es existieren eine ganze Anzahl von Projekten, die in Farben, Muster und Qualität den alten persischen Teppich wieder aufleben lassen. McDonald ist sich sicher, dass dies erst ein Anfang ist, dass das 21. Jahrhundert eine Renaissance der Knüpfkunst bringen wird, eine Rückkehr zu den Fähigkeiten und Qualitäten, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts verloren gingen. Das von McDonald dafür genannte Beispiel, die „Gabbeh-Welle“, die im Iran ihren Ausgang nahm, zeigt aber zugleich, dass der Kommerz noch immer der schlimmste Feind der Qualität ist und es steht zu befürchten, dass sich das im nächsten Jahrhundert nicht groß ändern wird. Von diesen Überlegungen abgesehen ist das Buch vor allem dem Liebhaber persischer Bauern- und Nomadenteppiche zu empfehlen. Entsprechend dem umfassenden Thema finden sich zwar auch Kapitel über turkmenische, anatolische und kaukasische Teppiche, die Liebe des Autors aber gilt den persischen Nomaden, mit denen er Jahre seines Lebens verbracht hat. In den Kapiteln über die Shasavan, die Afscharen, die Qashqai und die Stämme der Kamseh-Konföderation gewinnt das Buch ethnologische Qualitäten, hier finden sich die besten Stücke, eindrucksvolle Fotos von Menschen und Landschaften und eine Fülle von Informationen über das Leben dieser Nomaden und ihrer „material culture“. Die hier abgebildeten, zum Teil ganz außergewöhnlichen Stücke, wurden überwiegend vom Autor selbst an Ort und Stelle gefunden und sind bisher zum großen Teil nicht veröffentlicht. Hier ist das Buch voll von Erinnerungen, voll von authentischen Geschichten, Erinnerungen und Zuschreibungen, voll von der Begeisterung des Sammlers und Händlers, aber auch von den Zweifeln und der Wehmut des Feldforschers, mit der Entfernung dieser Schätze aus ihrem Umfeld zugleich ein Stück dieser Kultur wegzutragen. Kann das durch die Liebe und Sorgfalt, die westliche Sammler diesen Stücken zukommen lassen, aufgewogen werden? Der Autor jedenfalls ist glänzend gerechtfertigt da er selbst Initiator und Motor eines Naturfarbenprojekts bei den Qashqai ist. So bringt er diesen Nomaden zurück, was er zuvor genommen hat.