Tribal Rugs – Treasures of the Black Tent

Autor/en: Brian W. MacDonald
Verlag: Antique Collectors Club
Erschienen: Woodbridge Suffolk 1997
Seiten: 302
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 35.– englische Pfund
ISBN: 1-85149-268-2
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 1998

Besprechung:
Ausnahmsweise möchte ich bei der Besprechung dieses Buches bei seinen letzten Kapiteln anfangen denn hier findet sich eine Besonderheit. In keinem anderen Buch über den von Sammlern begehrten und geschätzten Bauern- und Nomadenteppich wird das 20. Jahrhundert und damit der Verlust einer Kunstform und eines Kulturgutes so ausführlich behandelt und mit abschreckenden Beispielen sogar noch illustriert. Das ist in einem Buch, das sich nicht nur an den Kenner sondern ganz besonderes an den Laien oder Anfänger wendet, nicht nur nützlich sondern beabsichtigt. Der Niedergang genuiner bäuerlicher und nomadischer Knüpfkunst im 20. Jahrhundert – das gilt natürlich auch für den städtischen und höfischen Manufakturteppich, wenn auch dort der Verfall noch früher einsetzte -, das Vergessen der Naturfarben und der dazu gehörigen Färbetechniken, das Ende des Tradierens alter Muster, der Verlust vom Wissen ihrer Bedeutung und die ständig schlechter werdende Wollqualität sind ein Endzeitszenario, dem MacDonald dann aber einen hoffnungsvollen Ausblick folgen läßt. Er berichtet von den seit den 80er Jahren begonnenen Projekten, das erste war das DOBAG-Projekt von Harald Böhmer, die mit Naturfarben und handgesponnener Wolle an die alten, verloren geglaubten Traditionen anknüpfen. Nicht nur in Anatolien, auch im Iran beginnt eine Rückbesinnung, ein Umdenken und es existieren eine ganze Anzahl von Projekten, die in Farben, Muster und Qualität an den alten persischen Teppich anknüpfen. MacDonald ist sich sicher, daß dies erst ein Anfang ist, daß das 21.Jahrhundert eine Renaissance der Knüpfkunst bringen wird, eine Rückkehr zu den Fähigkeiten und Qualitäten, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts verloren gingen. Das von MacDonald dafür genannte Beispiel, die „Gabbeh-Welle“, die im Iran ihren Ausgang nahm, zeigt aber zugleich, daß der Kommerz noch immer der schlimmste Feind der Qualität ist und es steht zu befürchten, daß sich das im nächsten Jahrhundert nicht ändern wird. Von diesen Überlegungen abgesehen ist das Buch vor allem dem Liebhaber persischer Bauern- und Nomadenteppiche zu empfehlen. Entsprechend dem umfassenden Thema finden sich zwar auch Kapitel über turkmenische, anatolische und kaukasische Teppiche, die Liebe des Autors aber gilt den persischen Nomaden, mit denen er Jahre seines Lebens verbracht hat. In den Kapiteln über die Shasavan, die Afscharen, die Qashqai und die Stämme der Khamseh-Konföderation gewinnt das Buch ethnologische Qualitäten, hier finden sich die besten Stücke, eindrucksvolle Fotos von Menschen und Landschaften und eine Fülle von Informationen über das Leben dieser Nomaden und ihre „material culture“. Die hier abgebildeten, zum Teil ganz außergewöhnlichen Stücke, wurden überwiegend vom Autor selbst an Ort und Stelle gefunden und sind bisher nicht veröffentlicht. Hier ist das Buch voll von Erinnerungen, voll von authentischen Stories und Zuschreibungen, voll von der Begeisterung des Sammlers und Händlers aber auch von den Zweifeln und der Wehmut des Feldforschers, mit der Entfernung dieser Schätze aus ihrem Umfeld zugleich ein Stück dieser Kultur wegzutragen. Kann das durch die Liebe und Sorgfalt, die westliche Sammler diesen Stücken zukommen lassen aufgewogen werden? Der Autor jedenfalls ist glänzend gerechtfertigt da er selbst Initiator und Motor eines Naturfarbprojektes bei den Qashqai ist. So bringt er diesen Nomaden zurück, was er zuvor genommen hat.