Regal Adornments: Jewelry from the Tibetan Empire to the Spiritual Reign of the Dalai Lamas                                                               

Autor/en:         Jane Casey, Renaud Montméat, Chino Roncoroni, Iwona Tenzing

Verlag:            Tenzing Asian Art

Erschienen:     San Francisco – Hong Kong – Maastricht 2025

Seiten:             154

Buchart:          Leinen

Preis:               USD 200,00

ISBN:             ohne

Kommentar:    Michael Buddeberg

Die im März 2025 zur TEFAF (The European Fine Art Fair) in Maastricht präsentierte Monographie zu tibetischem Schmuck aus 12 Jahrhunderten der Sammlung von Chino Roncoroni ist ein einzigartiges Denkmal tibetischer Kultur. Sie ist über die Publikation historischen Schmucks von der Yarlung-Dynastie bis zur Beamten-Hierarchie unter den Dalai Lamas hinaus ein komprimierter Bericht über den erstaunlichen Aufstieg locker organisierter Nomadenstämme zu einem bedeutenden Machtfaktor in Zentralasien und dessen Wandlung in eine vom Mahayana-Buddhismus geprägte Staatsform.

Gleichsam mit einem Paukenschlag betrat Tibet mit König Songtsen Gampo im 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung die Weltgeschichte, Während seine 32 mythischen Vorgänger der nach dem nördlich des Himalaya durch das südliche Tibet mäandernden Yarlung Tsampo benannten Yarlung-Dynastie im Nebel zentralasiatischer Frühgeschichte weitgehend namen- und konturlos bleiben, formte Songtsen Gampo in den Jahren von 617 bis 649 aus den organisatorischen, künstlerischen, astrologischen, bürokratischen und technischen Fähigkeiten seiner Nachbarn in wenigen Jahrzehnten eine eigenständige Kultur. Geschickte Heiratsallianzen mit einer nepalischen und einer chinesischen Prinzessin brachten den buddhistischen Glauben zum Dach der Welt, eine eigene Schrift ermöglichte Übersetzungen aus dem Sanskrit, und unter den Nachfolgern aus seiner Dynastie, den Königen Trisong Detsen (755-797) und Ralpachen (815-838) wurde Tibet auch zu einem militärischen Machtfaktor und beherrschte vom Tarim-Becken bis Bengalen und vom Pamir bis zu den südchinesischen Provinzen weite Teile Zentral- und Ostasiens.  Sogar die Hauptstadt der chinesischen Tang-Dynastie, Chang´an, wurde für kurze Zeit erobert und China hatte Tributpflichten mit der Lieferung kostbarer Seide zu erfüllen. Dem jähen Aufstieg vom Nomadenzelt zur seßhaften Lebensweise mit Palast- und Tempelarchitektur entsprach eine aufblühende Hofhaltung, zu der eigene und aus den umliegenden Kulturkreisen rekrutierte Kunsthandwerker Beiträge leisteten.

Abgesehen von seltenen Relikten dieser frühen Hofhaltung, die sich trotz der Verluste während und nach der Kulturrevolution in den wenigen unzerstört verbliebenen Klöstern und Tempeln des Landes erhalten haben, wurden bis heute in Tibet kaum systematische archäologische Grabungen vorgenommen. Textile Funde in Dulan oder auch in Shanpula am Rande der Taklamakan-Wüste mögen hier allenfalls erwähnt werden. Und obwohl aus tibetischen Quellen bekannt ist, dass den verstorbenen Königen der Yarlung Dynastie in großem Umfang Opfergaben für das jenseitige Leben mit in ihre Gräber gegeben wurden – bis hin zu Bediensteten, Pferden und möglicherweise auch nahe stehenden Angehörigen – wurden die gewaltigen Grabhügel bei Chongye bislang so gut wie nicht archäologisch ausgewertet. Frühe Raubgrabungen lassen vermuten, dass dort keine bemerkenswerten Kostbarkeiten mehr zu bergen sein werden.

So sind Objekte wie die kostbare Prinzenjacke aus sogdischer Seide mit gegenständigen  Enten im Perlrondell oder silbergetriebene und vergoldete Gefäße, allesamt zu sehen  im Cleveland Museum of Art, seltene Beispiele für Stil, Geschmack und Luxus tibetischer Hofhaltung zur Zeit der Yarlung-Dynastie. Und natürlich die insgesamt 14 Schmuckobjekte der Roncoroni-Sammlung aus dieser Zeit, die im Katalog vorzüglich abgebildet und beschrieben werden. Mit einem medaillonartigen Objekt, einem Armreif, einer trapezförmigen Brosche, einigen Ringen und Anhängern, einem großformatigen Pectoral oder Brustschmuck, einer geflochtenen Kette und einem aus mit Scharnieren verbundenen Gliedern bestehenden Gürtel, sämtlich aus massivem Gold und mit Steinen, vornehmlich Türkisen besetzt, wird ein breites Spektrum unterschiedlicher Schmuckstücke präsentiert. Besonders attraktiv und hervorzuheben sind das etwa 12 x 12 cm große und mit passigem Umriss geformte Medaillon mit einem unregelmäßigen Aquamarin im Zentrum und mit Türkisen besetzten Innenfeld, vor allem aber der über einen Meter lange Gürtel mit Löwenkopf und einer aus dessen Maul züngelnden Schlange als Gürtelhaken und 25 teils unterschiedlich dekorierten Gliedern. Der fragmentarische Zustand dieser Objekte und der zum großen Teil fehlende Türkisbesatz, belegen das hohe Alter und zeigen eindrucksvoll die technische Ausführung.

Teil zwei des Buches ist zwei Dutzend Schmuckobjekten hoher Staatsbeamter aus der Zeit des 17. bis zum 19. Jahrhundert gewidmet. Vornehmlich sind dies besondere, zum sogenannten ringyen-Kostüm an Losar, dem tibetischen Neujahrfest, getragene Schmuckobjekte mit einer runden, dem Vollmond nachgeformten und mit Türkisen besetzten, aus massivem Gold gefertigten Scheibe, auf der der „Moon-eater“ thront, ein monströses Gesicht, das in die mit den Händen gehaltene Mondscheibe zu beißen scheint. Er ist die Kombination von zwei Ikonographien aus der indischen Mythologie, dem Garuda und dem kirtimukha. Diese Kostüme, insbesondere der zugehörige Schmuck galten als dem festlichen Outfit der Könige der Yarlung-Dynastie nachempfunden. Weitere Objekte aus dieser späten, vornehmlich von der nepalesischen Volksgruppe der Newari getragenen Blütezeit tibetischer Goldschmiedekunst sind Ohrgehänge, Ringe, Reliquienschreine, sog. gau´s, sowie kunstvolle, mit verschiedenen bunten Edel- und Glassteinen versehene Garuda-Ornamente.

„Regal Adornments“ ist ein aufwändig und edel gestaltetes Buch zu einem ungewöhnlichen Schmuckthema, das durch die Qualität der Abbildungen und die kenntnisreichen Beschreibungen der Objekte nicht nur Tibet- und Schmuckbegeisterte, sondern auch alle an Kunst, Ethnologie und Buchgestaltung Interessierte in seinen Bann ziehen wird.

(Buchbestellungen und weitere Informationen bei Iwona Tenzing: iwona@tenzingasianart.com)