Handbuch der Naturfarbstoffe – Vorkommen Verwendung Nachweis

Autor/en: Helmut Schweppe
Verlag: Ecomed Verlagsgesellschaft
Erschienen: Landsberg am Lech 1993
Seiten: 800
Ausgabe: Leinen
Preis: DM 298.–
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1996

Besprechung:
Wann immer Textil- und Teppichfreunde zusammen kommen und über ihre alten und antiken Stücke diskutieren, spielt das Thema Farben eine dominierende Rolle. Auch wenn bei antiken Exemplaren das Reizthema Natur- oder Chemiefarben ausgeklammert werden kann, ist die Frage nach der Art der verwendeten Naturfarbstoffe von großer Wichtigkeit und eine Hilfe bei der Altersbestimmung und Lokalisierung. Das bei diesen Diskussionen anzutreffende Unwissen oder Halbwissen und manche abenteuerliche Theorie, könnten vermieden werden, wenn das schon 1993 erschienene Handbuch der Naturfarbstoffe bekannter wäre. Schweppe gehört zum kleinen Kreis anerkannter Fachwissenschaftler für diese Farbstoffe. Sein Buch mit höchstem wissenschaftlichen Anspruch ist gleichwohl kein unverständlicher Dschungel mit Strukturformeln, Tabellen und Diagrammen sondern ein mit Begeisterung in verständlicher Sprache geschriebenes Buch für eine breite Leserschaft. Wichtigster Anwendungsbereich für Naturfarbstoffe waren seit jeher Textilien. Die Geschichte der Verwendung von Naturfarbstoffen, der Schweppe breiten Raum widmet, ist daher zugleich eine Kulturgeschichte der Textilien von den Maya und Azteken bis nach Indien und China. Man erfährt hier so interessante Details, daß nicht Perkins 1856 mit Mauvein den ersten synthetischen Farbstoff erfunden hat, sondern daß es schon im 18. Jahrhundert synthetische und halbsynthetische Farbstoffe gab, die sogar in frühen anatolischen Teppichen nachgewiesen werden konnten. Der größte Teil des Buches widmet sich mehr als 300 Farbstoffen. Die weitaus meisten sind pflanzlicher Natur aber auch mineralische und tierische Farbstoffe, etwa die vielen verschiedenen (!) Cochenillearten, werden behandelt. Bei jedem Stoff werden nicht nur die chemischen und physikalischen Daten erwähnt sondern auch Vorkommen, Besonderheiten der Anwendung und seine Bedeutung in der Geschichte. Das Kapitel über die Farbstoffanalyse ist dann wieder mehr etwas für den Spezialisten, denn wer verfügt schon über Chromatograph oder Spektroskop? Interessant aber ist hier der Hinweis, daß zerstörungsfreie Methoden für den Nachweis von Naturfarbstoffen bis heute nicht bekannt sind; stets muß ein, wenn auch kleines Stück der Substanz geopfert werden. Hilfreich für den Laien indessen sind die mehr als 200 Farbmuster auf Wolle, Baumwolle und Seide, lebendiges Anschauungsmaterial zum Vergleichen. Und für den Hobby-Färber finden sich schließlich die Adressen der Lieferanten von Färbematerialien und Bezugsquellen von Samen für den Anbau von Färbepflanzen. Was will man mehr? Vielleicht noch Information über das Altern der Naturfarbstoffe, ihre Veränderung in der Zeit, ihre Alterspatina und Korrosion, die Einflüsse von mechanischer Beanspruchung und Verschmutzung, von Licht und Luft. Aber das ist wahrscheinlich ein ganz anderes Thema, nicht wissenschaftlicher sondern empirischer Art, das seinen Autor noch sucht. Das Handbuch der Naturfarbstoffe von Schweppe jedenfalls, ist eine ungemein wertvolle Bereicherung des Wissens über Farben und eine sehr empfehlenswerte Lektüre für jeden Textilliebhaber.